Der Minirock brachte die Anliegen der 1968er-Bewegung auf den Punkt. Etabliert hat sich das Kleidungsstück aber schon früher. Ausser in der Schweiz.
Kein Kleidungsstück symbolisierte die Anliegen der Sixties-Generation besser als der Minirock. Frauen wollten sich von Zwängen befreien und pochten auf sexueller Selbstbestimmung. Mit der neuen Saumlänge fühlten sie sich frei und lenkten die Blicke auf ihre Beine. Eine Revolution!
Die schnell Schule machte. Mitte 60er war der Mini sogar schon im britischen Königshaus erlaubt, durfte allerdings nur bis sieben Zentimeter übers Knie reichen – und nicht bis zehn, wie damals üblich.
Seine Erfinderin, die Designerin Mary Quant, erhielt von Queen Elizabeth II. den «Order of the British Empire» für ihren wertvollen Beitrag zur Modeindustrie.
Ab dem Moment, als der französische Designer André Courrèges den Mini in die Pariser Modewelt einführte, avancierte er in allen Gesellschaftsschichten zum Kassenschlager. 1968 befand sich das It-Piece auf dem Höhepunkt seiner Popularität.
Nicht so in unseren ländlichen Gebieten, wie die Ausstellung «1968 Schweiz» in Bern aufzeigt. Während die ehemalige First Lady Jackie Kennedy in jenem Jahr in einem Minikleid Aristoteles Onassis heiratete, spielte sich im aargauischen Baldingen ein ganz anderes Spektakel ab.
Im Restaurant Rose servierte eine modebewusste 21-Jährige namens Rosemarie in einem Outfit, das zu viel des Guten war für alle, die nicht gerade deswegen in die Dorfbeiz für ein Bier einkehrten.
Vor allem ältere Dorfbewohner deckten die Gemeinde mit Beschwerden ein. Diese drohte, das Etablissement zu schliessen, sollte die Kellnerin weiterhin so viel Bein zeigen. Ihr Mini sei so unsittlich, das grenze bereits an den verbotenen Tatbestand des Animierens, hiess es in einem Schreiben.
«Weniger Bein, oder Beiz wird geschlossen!», schrieb BLICK und machte den Fall Rosemarie zum landesweiten Thema. Die Aufmüpfige trug vorübergehend längere Röcke, doch «auf Wunsch der Gäste», wie sie sagte, bald wieder dasselbe wie vorher. BLICK liess sich abschliessend zu einer Geschichte mit dem Titel «Beiz dank dem Mini-Streit bumsvoll!» hinreissen. Und es stimmt: Die Rose war nach dem Mini-Skandälchen zwanzig Jahre lang so gut besucht, wie sich das eine Dorfbeiz nur wünschen kann. Es lebe die Revolution!
Ausstellung «1968 Schweiz»: Bis 17. Juni, Bernisches Historisches Museum.
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