Die Taschen des amerikanischen Designers Michael Kors (55), mit ihren goldenen Schriftzügen und auffälligen Logo-Anhängern, gehören heute zum Schweizer Strassenbild. Kein Tram, kein Bus, kein Zug, in denen die goldenen Ringe mit den Initialen «MK» nicht irgendwo am Leder baumeln. Gerade wurde bekannt, dass das Unternehmen seinen ersten Laden an der Zürcher Bahnhofstrasse eröffnen wird. In Basel gibts bereits einen – Genf, Bern, Luzern und Lugano sollen folgen.
Worauf gründet der Erfolg des US-Labels, das vergangenes Jahr 3,2 Milliarden Dollar umsetzte? «Wir versuchen, Ideen des Pragmatischen und Praktischen mit etwas Glamour zu verbinden», antwortet Kors, selbst Milliardär, darauf in Interviews. Seine «Luxusmode für jedermann» ist inspiriert vom Jetset-Chic der New Yorker High Society: Blumenkleidchen fürs Wochenende in den Hamptons, Oversize-Sonnenbrillen für den Karibik-Trip, pelzbesetzte Strick-Mäntel für kältere Tage. Und natürlich: Gepäck für jede Situation. In den USA favorisieren 39 Prozent aller Teenagerinnen Taschen von Michael Kors, wie eine aktuelle Analyse der US-Investmentbank Piper Jaffray zeigt.
Im Schweizer Online-Shop zalando.ch kostet das beliebteste Kors-Modell, die Selma Handbag, 395 Franken. Sie ähnelt zwei Klassikern: Der Birkin von Hermès und der Luggage von Céline. Eine Selma kostet aber nur einen Bruchteil davon. Junge Frauen, die den ersten Lohn in diese Tasche investieren, freuen sich über ein Stückchen Luxus am Arm und fühlen sich womöglich wie die Models aus der Kors-Werbung, die selbstbewusst aus Privatjets und in Speedboats springen.
Dabei ist Michael Kors weit mehr als eine Teenager-Marke: First Lady Michelle Obama trägt sie zu offiziellen Anlässen, viele Hollywood-Stars auch. Und wenn an der New York Fashion Week die hochpreisige Michael Kors Collection gezeigt wird, sitzt US-«Vogue»-Chefin Anna Wintour, sie gilt als Kors’ Entdeckerin, in der ersten Reihe.
Die jüngsten Quartalszahlen deuten nun aber darauf hin, dass der Zenit überschritten ist. Die Omnipräsenz der Taschen scheint sich auf die Exklusivität des Labels auszuwirken. Denn tragen in der Mode plötzlich alle dasselbe, wirkt das auf den Coolness-Faktor wie ein Kuss des Todes. Das US-Label Tommy Hilfiger hat Ähnliches in den 1990er-Jahren erlebt und vergleichbare Marken wie Calvin Klein oder Ralph Lauren kämpfen seit Jahren um Fashion-Credibility.
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